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Was, bist du verrückt?!

Als ich im warmen Winter 2015 zu meinen Freunden und zu meiner Familie sagte "Du, ihr, ich glaub', ich werd' jetzt vegan.", entgegneten sie mir mit dieser Reaktion.

Verständlich, denn vegan zu leben und damit auf alles Tierische, das heißt Fleisch, Milch, Butter und Käse, Eier, Fisch, Leder, Wolle und Pelz, zu verzichten, klingt erstmal ziemlich radikal und rigoros. Verbannt man damit nicht alles Schöne und jeden Genuss aus seinem kurzen Menschenleben?  Hat man überhaupt noch Lebensqualität?

"Vegetarisch kann ich ja noch verstehen, aber vegan??"

Im Herbst 2014 wurde ich Vegetarierin. Ein paar Jahre zuvor, ich war 11 oder 12, bin ich zufällig auf eine Website eines Schlachthofes gestoßen. Wie die Besitzer erzählten, war es ein "Bio"-Schlachthof. Die Schweine dort konnten draußen herumlaufen, biologisch angebautes Futter fressen wann sie Lust hatten, sich im Dreck wälzen und mit anderen Schweinen spielen. Aber nicht zu lange, denn irgendwann wurden sie mit einem Bolzenschuss betäubt, an einem Bein kopfüber aufgehangen und danach wurde ihre Kehle durchgeschlitzt. Das alles konnte ich als 11-Jährige auf Fotos mit Text dokumentiert sehen und war geschockt. Bei diesem Anblick blieb mir der Atem weg und ich musste erst einmal schlucken.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir geschworen - nie wieder Fleisch!
Das demonstrierte ich auch brav, indem ich fünf Minuten später beim Mittgessen mit Mama und Papa nur den Kohl der gut duftenden Kohlrouladen aß. 

Lange ich hielt ich das jedoch nicht durch. 

 Nach zwei Wochen hatte ich das traurig dreinblickende Schwein, das mit dem Bolzenschuss getötet wurde, vergessen. Ich schmierte mir ein Frischkäse-Brötchen, belegte es dick mit Proscuitto und verfeinerte das Ganze mit Salz, Pfeffer und einer Prise Oregano.

So lebte ich dann mein Nicht-fleischfreies Leben dahin. In diesen 2-3 Jahren erzählte mir niemand gezielt von Massentierhaltung, von den gesundheitlichen Auswirkungen des Milchkonsums, der Umweltbelastung durch Rinderzucht oder was Leder eigentlich wirklich ist.

Bestimmt kennt jeder diese Info-Stände vom WWF, Unicef, Greenpeace und weiteren Organisationen.
Eines schönen sonnigen Tages im Spätsommer 2014 lief ich durch die Stadt, um ein paar Geburtstagsgeschenke für meinen Freund zu kaufen. Auf dem Weg zum Hauptbahnhof wurde ich von einem sympathischen Typen angequatscht, der für den BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland) arbeitete. Er fragte mich ganz nett, ob ich mich für Umwelt und Natur interessiere und ich sagte "Klar!" Also fing er an, über die Erfolge und Projekte des BUNDs zu informieren und ich hörte gespannt zu.

Am Ende ist das Ziel dieser Organisationen natürlich, dass man ihnen beitritt. Zu dem Zeitpunkt war ich noch nicht 18 und durfte deswegen nicht beitreten, deshalb wurde mir angeboten, bei einem interaktiven Wochenende mitzumachen, das ganz nah bei Hannover lag.
Mit meinem Freund bin ich dann etwa einen Monat später in ein kleines Dorf, eine Stunde entfernt von Hannover gefahren. In dem großen Landhaus mit noch größerem Garten haben sich schon viele Jugendliche und Studenten versammelt.

Ich war mit 15 Jahren die Jüngste dort und die einzige (mit meinem Freund), die Fleisch aß. Alle anderen waren Vegetarier, vielleicht zwei oder drei Veganer.

Insgesamt war das Wochenende ein echt tolles Erlebnis. Etwas, das ich nie vergessen werde und einer der Grundsteine für meinen Wechsel zum Vegetarismus kennzeichnet. Noch nie zuvor hatte ich mich ein komplettes Wochenende ohne tierische Produkte ernährt. "Wie das wohl wird?", dachte ich.

Es war klasse. Spinat-Walnuss-Lasagne, Pflaumenkompott, selbstgebackenes Brot, frischgepresster Apfelsaft; mir wurde immer mehr klar, dass vegetarische Ernährung machbar ist und man ganz leicht auf Fleisch verzichten kann, um genussvoll zu leben. Als wir an einem Abend Gemüsespieße, Sojasteaks und die besten veganen Grillwürstchen, die ich jemals gegessen habe, auf den Grill gehauen haben, wusste ich echt nicht, als ich wieder zuhause ankam, wieso ich mir jetzt noch Proscuitto auf mein Brötchen legen sollte; es war doch so simpel, Fleisch von der Speisekarte zu streichen!

Ab diesem Zeitpunkt, etwa Ende November 2014, habe ich nie wieder Fleisch gegessen.

Damit dachte ich, ist allen Tieren Gutes getan und ich kümmerte mich auch nicht weiter darum. Das Problem war nur eines; ich achtete nicht auf meine Ernährung. Du kannst zwar auf Fleisch verzichten und sonst alle tierischen Produkte weiterhin verzehren, doch dein Körper wird sich irgendwann melden und dir sagen "Du machst was falsch.", wenn du zu viele Eier, Milch und Käse isst.

Ich habe im Prinzip Fleisch gegen Milch ausgetauscht - jeden Morgen zum Frühstück Müsli mit Milch, zwischendurch einen Joghurt, am Wochenende Buttercrossaints, Milchhörnchen, in der Schule ein Pausenbrot mit Käse und an heißen Sommertagen ein cremiges Milch-Eis in der Waffel - mit extra Sahne. Um eins nicht zu vergessen; mein geliebtes Nutella.

Natürlich wusste ich, dass die Milch, die ich getrunken habe, von Kühen stammte, aber das war's. Ich wusste nicht, wie sie produziert wird und ich wusste schon gar nicht, dass es ohne die Milchindustrie die Kalbsindustrie nicht geben würde. Ich habe mir keine Gedanken darum gemacht, mich zu informieren, weil ich dachte, ich würde niemandem schaden und es sei doch alles im Lot.

Anfang des Jahres hatte ich immer wieder Probleme mit meinen Gelenken. Die Hüfte und meine Knie taten mir besonders beim Gehen weh und noch schlimmer war es beim Joggen. Erst ging ich zu meinem Hausarzt, der mir nicht weiterhelfen konnte und mir 6 Stunden Physiotherapie verschrieb, die von der Krankenkasse übernommen werden.

Die Schmerzen blieben und ich wanderte von Arzt zu Arzt. Immer wieder beschrieb ich meine Symptome und ließ auf Anweisung der Orthopädin auch ein MRT meiner Hüfte machen. Dabei kam raus: Unauffällig, alles im grünen Bereich. Das Unglaublichste und damit auch der Zeitpunkt, an dem ich einen Schlussstrich unter meine Diagnosensuche setzte, war die Aussage der Orthopädin, dass "ich einfach mal diese Tabletten ausprobieren solle."
"Pharamindustrie lässt grüßen", dachte ich mir nur, und war sofort aus der Praxis verschwunden.

Etwa im Spätherbst 2015, ein Jahr nach meinem Wechsel zur fleischfreien Lebensweise, hatte ich einen routinemäßigen Arztbesuch, um alles durchchecken zu lassen.
Dabei kam raus, dass mein Ferritin-Wert, das heißt, wie viel Eisen ich im Blut gespeichert hatte, extrem niedrig war. Die normalen Werte liegen bei Frauen bei 10-160, wobei 10 sehr niedrig ist und 160 schon sehr hoch. Meiner lag bei 8.
Meine Ärztin verschrieb mir sofort Eisenpräparate, die ich jeden Morgen mit Orangensaft einnehmen sollte. Außerdem riet sie mir, mich wie bisher zu ernähren.

An das erste hielt ich mich, an das zweite nicht. Und daran ist zum Glück Instagram schuld.
Als ich noch nicht meinen Account @vegmitdemfleisch auf Instagram erstellt hatte, hatte ich einen anderen, privaten Account. Dort habe ich Personen abonniert, die auch vegetarisch waren, aber nicht hauptsächlich. Mir war das früher einfach nicht so wichtig, was die Leute gegessen haben.
Jedenfalls habe ich so umhergescrollt und bin bei einer Statistik stehen geblieben.

Das fand ich beeindruckend. Aufgrund meiner Eisenmangelanämie habe ich mich sehr stark mit Ernährung beschäftigt und suchte den Auslöser meiner Krankheiten in diesem Punkt. Ich hatte schon herausgefunden, dass das Protein Casein, das in Kuhmilch enthalten ist (und viele andere Stoffe) die Eisenaufnahme hemmt.

Komischerweise finde ich es immer interessant, zu wissen, was andere Personen unter Bildern so kommentieren und bin dann auf einen Kommentar gestoßen. "Watch Earthlings on YouTube :)".

Ich hatte nichts mehr vor an dem Tag und Langeweile, also fing ich an, den 1,5 Stunden langen Film zu gucken - eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Wütend, traurig, entrüstet, aufgebracht, rebellisch, verzweifelt. All das zusammen, noch viel mehr. So fühle ich jeden Tag, wenn ich an Szenen dieses Films denke.
Das, was gerade jetzt, in dieser Sekunde, während du vielleicht in dein Salamibrötchen beißt, in Deutschland passiert - und nicht nur hier - ist ein Horrorfilm des realen Lebens.

Sag' alle Termine ab und schau es dir an.
Danach kannst du meinen Artikel zu Ende lesen.

Tja, das Problem war dann; was kann ich denn jetzt noch essen?
Anfang Dezember 2015 hatte ich zwei Adventskalender geschenkt bekommen. Der eine war ein "Milka"-Schokoladen-Kalender. Der andere von meinem Freund; ein "Lindt"-Schokoladen-Kalender. Beide Sorten fand ich schon immer unheimlich lecker. Sie schmilzten so schön auf der Zunge. Und dieses Aroma! Die roten Lindor-Kugeln sind doch wirklich ein Traum, oder?
Nein, das geht nicht, das kann ich nicht essen... oder doch?

Die ersten paar Tage habe ich mein Gewissen ausgestellt und eine dunkle Lindor-Kugel gegessen. "Ist ja bestimmt keine Butter drin.", dachte ich und belog mich dabei nur selbst. Mittendrin beim Essen sind mir die Bilder der blutenden Kälber und schreienden Mütter wieder eingefallen und ich habe das Schokoladen-Stückchen ausgespuckt. Die weiteren Adventskalender-Überraschungen habe ich an meine Eltern verteilt oder Freunden geschenkt.

Ich habe mein Gewissen ausgestellt

Irgendwie kam es dann dazu, dass ich eine Weile lang ganz wenig gegessen habe. Nicht, weil ich dünn werden wollte, ich wusste einfach nicht, was vegan war und was nicht.
Ich habe unsere Wohnung nach etwas durchforstet, was kein Milchpulver oder sonstige tierische Produkte beinhaltete. Leicht war das nicht.

Brezeln: Check! Brot: Check! Bonbons: Check!
Sogar die Margarine war nur vegetarisch. "Man, ist das ätzend, der Schrott ist ja überall drin!", "Na toll." *Leg die Kekspackung wieder zurück in den Schrank*, "Wieso ist Milchpulver in Chips?!", waren nur einige meiner Gedanken während der ersten paar Wochen.

Nach einiger Zeit hatte ich den Dreh raus und wusste, wo ich in den Regalen im Supermarkt hingreifen sollte. Man lernt, wo es in der Stadt veganes Essen gibt und lernt kennen, welche Alternativen es für dieses und jenes tierische Produkt gibt.
Manchmal wurde ich enttäuscht, sehr oft aber darf ich erleben, wie lecker vegan ist.


Wer wie ich bei der Unterdrückung und Ausbeutung von jeglichen Tieren, nicht nur die, die wir süß finden, nicht mehr mitmachen will und sich so wie ich am Anfang fragt, was er denn nun noch essen kann und kochen soll; Für diese Menschen habe ich meinen Instagram-Account und auch meinen Blog erstellt. Als anfänglicher Veganer oder Vegetarier kann man es nicht fassen aber: du kannst essen, was du willst. Es gibt einfach für alles eine Alternative.
Sojawürstchen, Veggie-Salami (die einfach unglaublich authentisch schmeckt), sogenannter Analog-Käse von bedda, violife oder Wilmersburger sind für den Einstieg, um sich von tierischen Produkten abzugewöhnen, ideal.

Durch den Veganismus ist mir bewusst geworden, wie ungesund ich damals gegessen habe. Mehrmals täglich, fast immer, habe ich Milchprodukte gegessen. Mir hat leider niemand direkt gesagt: "Probier's doch mal vegan!", keiner hat mir die grausamen Bilder gezeigt, wie Tiere nur für uns leiden, ja sogar auf Bio-Bauernhöfen. Nur durch unsere Ernährung tragen wir jeden Tag zur wachsenden Umweltbelastung bei. Fleisch, Milch(-produkte), Eier und mit Mikroplastik belasteter Fisch machen uns früher oder später krank und gebrechlich.

Gegen all das kannst du mit einer veganen Lebensweise ansteuern und auch anderen zeigen, wie man diese Erde zu einer etwas Besseren machen kann!

Eure Saskia :)


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Hier noch ein paar echt informative Filme:

101 Reasons to go vegan - Hab ich mir schon oft angeschaut; cooler Typ, super Präsentation!

Das Geheimnis des Bienensterbens - Ja, auch Honig ist tierisch. Und es steckt viel Leid dahinter.

Cowspiracy - (Trailer) Der komplette Film ist auf Netflix erhältlich. Aufdeckend, erschreckend, informativ.

Food Inc. - Zwar nur auf Englisch, aber man versteht es trotzdem gut. Ein Blick hinter die Nahrungsmittelindustrie.

Forks over Knives - (Trailer, Englisch) Milchkonsum und Krankheiten stehen unmittelbar im Zusammenhang. Dieser Film deckt über die positiven Auswirkungen der pflanzenbasierten Ernährung auf.




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